23. November 2012
Seit gut zehn Jahren trennt sich die Deutsche Bahn von ihren Bahnhöfen, die sie nicht mehr zu brauchen glaubt. Zwei große Wellen der Verkäufe rollten 2001 und 2007 als die Bahn im Paket Gebäude an Investoren verkaufte. Zunächst schlug die „first rail property“ zu, später eine „patron capital“ aus London.
Erstere meldete Insolvenz an, letztere übernahm auch deren Bahnhöfe. Dieses Hin- und Hergeschiebe fand auf dem Papier statt. In warmen Büros, Konferenzen, Telefonaten und bei Notaren. Draußen passierte mit den inzwischen 1000 Bahnhöfen – nichts. Bad Staffelstein kann ein Lied davon singen. Der Bahnhof war seit 2001 verkauft und es dauerte bis dieses Jahr, bis ein Mietvertrag zu Stande kam. Jetzt können die Bahnfahrer und Badbesucher wieder in einer Wartehalle stehen und Fahrkarten bei Menschen kaufen. „Dieses Angebot ist ein Segen“, sagt der geschäftsführende Beamte Wolfgang Hörath. Auf eine Anfrage der Stadt bei den Investoren, ob der Bahnhof zu kaufen sei, kam zweimal keine Antwort.
Jetzt besinnt sich die Gesellschaft aus London offenbar und will sich von einigen Bahnhöfen trennen. Das Auktionshaus Karhausen aus Berlin hat die Aufgabe übernommen. Mitarbeiter Mario Schadenberg erklärt, wie das geht: „Am Freitag, 7. Dezember, versteigern wir 50 Bahnhöfe nacheinander. Beginn ist um 14 Uhr. Pro Zuschlag rechne ich mit drei bis fünf Minuten.“ Der Bahnhof aus Hochstadt hat die Nummer 45. Er wird im „Meistersaal im Borsigturm“ in Berlin-Tegel gegen 17 Uhr aufgerufen. Das Startgebot liegt bei 15 000 Euro. Dann geht es in 500er-Schritten weiter. „Die Investoren haben schon einmal einen Test bei uns gemacht und gemerkt, dass sie gute Ergebnisse erzielen“, sagt Schadenberg. Drei Minuten später – oder, wenn sich mehrere Bieter ein Gefecht liefern auch zehn Minuten später – hat der Sandsteinbau aus dem Jahr 1848 einen neuen Besitzer.
Bezirksheimatpfleger Günter Dippold sagt: „Dieser Bahnhof ist von Gottfried Neureuther geplant, der auch für den Bahnhof in Lichtenfels verantwortlich war. Er gehört zu den wichtigsten Denkmälern des Verkehrs im Landkreis.“ Zu seiner Zeit war er modern und dem Lichtenfelser oft voraus: So gab es schon 1906 Elektrizität und bereits ein Jahr später eine Bahnsteigunterführung – in Lichtenfels mussten die Reisenden darauf noch 30 Jahre länger warten.
Hochstadt lag als Durchgangsstation an der Ludwig-Süd-Nordbahn, die von Lindau nach Hof führte. Ab 1862 wurde Hochstadt Knotenbahnhof, weil sich die Linie aus Lichtenfels hier in Richtung Hof und in Richtung Saalfeld teilt. Auch heute noch liegen vier Durchgangsgleise vor dem Bahnhofsgebäude. „Für ein Denkmal“, sagt Dippold, „ist es immer am besten, wenn es so genutzt wird, wie es geplant war.“ Das heißt, öffentliche Flächen im Erdgeschoss und Wohnräume im Obergeschoss. „Der neue Eigentümer kann für das Denkmal natürlich Fördergelder akquirieren, aber er muss sich auch an die Auflagen halten.“ Das sei wie bei jedem Denkmal, wer dagegen verstoße, müsse mit Bußgeldern rechnen.
Weiterhin werden von der Bahn Bedingungen gestellt. Der Zugang zum Bahnsteig oder die Leitungen der Bahn werden im Grundbuch eingetragen. Spielhallen oder Bordelle dürfen nicht eingerichtet werden – übrigens auch keine Drogenberatungsstellen. Und Lärm durch Züge oder Elektrosmog werden mit dem Gebot akzeptiert.
Bis zur Bahnsteigkante von Gleis eins sind es fünf Meter. Dort fährt der letzte Zug nach Lichtenfels um 23:15 Uhr – Fahrzeit: sechs Minuten.
Auktion
Am Freitag, 7. Dezember, werden in Berlin 50 Bahnhofsgebäude versteigert. Aus der Region werden neben Hochstadt auch die Bahnhöfe Kronach-Neuses, Ludwigstadt und Stockheim unter den Hammer kommen. Informationen unter www.karhausen.de
Ebensfeld
Das Bahnhofsgebäude wird für die ICE-Neubaustrecke abgerissen.
Bad Staffelstein
Das Bahnhofsgebäude wurde 2001 verkauft an einen Investor. Seit 2012 ist da Erdgeschoss an eine Bahnagentur vermietet.
Lichtenfels
Die Bahn behält und bewirtschaftet das Gebäude selbst.
Michelau
Das Gebäude wurde in dieser Woche abgerissen.
Redwitz
Das Bahnhofsgebäude verkaufte die Bahn an eine Privatperson.
Burgkunstadt
Das Bahnhofsgebäude ging 2001 in einem Paket an einen Investor.
Tim Birkner