19. Oktober 2009
„Freibier für alle“ – Im Grunde lassen sich alle Wahlversprechen darauf reduzieren. Die Menschen kommen, werden begeistert, machen ihr Kreuz und hören nichts mehr davon. Jetzt ist die Wahl vorbei, und ich mache Platz für neue Versprechen, indem ich die alten erst einmal in meiner roten Altworttonne entsorge. „Brezeln und Freibier für alle“, das kommt als erstes weg. Das war vor 13 Monaten, als die Autobahn zwischen Lichtenfels und Ebersdorf eröffnet wurde. Jedes Mal, wenn ich jetzt die Ausfahrt „Lichtenfels-Nord“ benutze, sehe ich vor meinem inneren Auge die Bratwurstbude mit der langen Schlange an Menschen. Ich weiß: so etwas wird dieses Stück Asphalt nie mehr erleben. Allerdings werde ich auch ständig daran erinnert, an „Brezeln und Freibier für alle“. Unser neues Redaktionsauto wurde nämlich kurz nach der Autobahneröffnung so beklebt, dass es aussieht, als wäre es in eine Zeitung verpackt. Und seitdem steht direkt über dem Griff der Fahrertüre: „Brezeln und Freibier für alle“. Wahlversprechen verlieren mit der Zeit an Glanz, aber die Glaubwürdigkeit der Wahlversprecher ganz offenbar auch. Hatte doch bei der Eröffnung der damalige Verkehrsminister der jubelnden Masse verkündet: „Wenn es mal eng wird im Portemonnaie, können Sie hier her kommen und sich ansehen, wo ihr Geld geblieben ist.“ Ich sehe niemanden, der – sagen wir auf der Köstener Brücke – dasteht und auf die Autobahn blickt, als wäre es sein Kleinod. Entweder ist nun bei der jubelnden Masse allzeit genug Geld im Beutel – oder sie hat den Minister nicht ganz ernst genommen. Ich mag im Detail darüber gar nicht nachdenken und stopfe den Spruch gleich mit in die Tonne. Es kommen bestimmt neue.
Tim Birkner