16. Mai 2010
Ein Glück, dass der Landkreis nun die Sperrwortabfuhr auf Abruf eingeführt hat. Ab einer Länge von 20 Buchstaben darf ja niemand Wörter in die rote Altworttonne stecken. Das könnte sich in der Sortieranlage verkeilen und dann ginge in der Entsorgung nichts mehr. Also bleibt nur das mühsame Zerkleinern in Silben oder eben die Sperrwortabfuhr. Ich habe dort abgerufen, weil ich schlicht nicht mehr weiter weiß. Gerne falle ich auf die Versprechungen der Werbung herein. Wenn der verkrustete Herd mit einem lockeren Wisch wieder sauber wird, so man nur die richtige Zaubermilch verwendet. Unfug. So war es auch mit der Rasenreparaturmischung für strapazierte Rasenflächen. Ha, dachte ich, das ist etwas für mich. Außen auf der Packung wird dem Leser - und Käufer - schon der Honig ums Maul geschmiert. Wie einfach das geht, wie schnell das wächst, wie robust der Rasen wird. Ich bin darauf reingefallen, wieder mal. Alles nach Anleitung gemacht: geschnitten, gerecht, gelockert, gesät, gehofft. Die kahlen Stellen bekommen dann manchmal einen zarten grünen Flaum, manchmal auch nicht - und spätestens im nächsten Frühjahr wächst an den gleichen Stellen wieder kein Gras mehr. Jetzt schleppe ich die Rasenreparaturmischung vor die Türe. Mit 22 Buchstaben passt sie einfach nicht mehr in die rote Tonne und die immerscharfe Schnippi rostfrei mit lebenslanger Garantie hält sich auch nicht an die eigene Werbung. Statt ssst - ssst - ssst die Wörter klein zu teilen hängt sie stumpf im Messerblock. Wenn es richtig dunkel ist, schaue ich nochmal vor die Türe. Es ist ja so, wie auch beim Sperrmüll, wenn sie nicht gesehen werden, legen die Nachbarn gerne noch etwas aus dem Keller dazu. Oder ich erwische so einen Kleinbusfahrer, der die Haufen nach Brauchbarem durchstöbert. Ich wünsche ihm dann viel Glück mit der Rasenreparaturmischung.
Tim Birkner