26. Februar 2009
Neustadt – Im Getränkeautomaten der Feuerwehr in Neustadt kostet Bier doppelt soviel wie Spezi. Der Automat ist rot lackiert, wie die Spinde daneben, die übliche Werbung einer Brauerei fehlt. Stadtbrandinspektor Rolf Höfner zeigt auf die Kacheln neben dem Automaten: „Hier stellen wir demnächst noch einen Kaffeeautomaten auf.“ Eine Wasserleitung will er dafür extra verlegen. Mit einem Loch durch die Kellerdecke sei das kein Problem.
Höfner bohrt beim Thema Alkohol seit langem dicke Bretter: „Die Führungskräfte müssen als Vorbilder voran gehen: vom Jugendwart und Gruppenführer bis hin zum Kommandanten.“ Denn niemand werde leichter nachgemacht, als der Chef, sagt Höfner.
Als er vor 36 Jahren zur Feuerwehr kam, wurden die Erlebnisse mit Alkohol verlöscht. „Da waren auf jedem Fahrzeug wenigstens zwei Flaschen Schnaps“, erinnert es sich.
Wer heute bei längeren Einsätzen im Feuerwehrhaus warten muss, wartet mit Spezi. „Wenn da einer zwei Bier trinkt, schicke ich ihn wieder nach Hause“, sagt Höfner.
Dabei gehört er nicht zu den Anti-Alkoholikern. „Es geht darum, ein vernünftiges Maß zu finden“, sagt er und gibt Beispiele. „Wer denkt, Alkohol sei für irgendetwas eine Lösung, irrt.“ Kameradschaft sei, wenn man sich gegenseitig ermahne und einen Kollegen heim schickt, weil er zu viel getrunken hat. Und wer ein Bier nimmt, statt ein Gespräch mit dem Notfallseelsorger zu suchen, erntet bei Höfner Kopfschütteln: „Ich kann niemanden zwingen, aber er sollte zumindest die Wahl gehabt haben.“
„Angst machen, funktioniert zur Abschreckung nicht, Vorbild sein schon.“ Also gibt es auf Jugendveranstaltungen generell keinen Alkohol – auch nicht für Erwachsene. „Damit kommen wir gut bei den jungen Leuten an“, beobachtet der Stadtbrandinspektor. Und bei den Feiern der Feuerwehr in Neustadt gilt das Gleiche wie am Automaten: Bier kostet das Doppelte.
„An das Gesetz, dass mindestens ein alkoholfreies Getränk günstiger sein muss als Bier, halten sich alle. Aber was nützt es, wenn Spezi schon wieder deutlich teurer ist?“, fragt Höfner. Wenn auf Festen anderer Wehren Bier deutlich günstiger ist, dann gibt Höfner für seine Leute schon mal eine Runde Spezi auf Feuerwehrkosten aus.
Höfners Schlüsselerlebnis war ein Lehrgang auf der Feuerwehrschule vor zwölf Jahren. „Da ging es um den Umgang mit belastenden Einsätzen, wenn man Tote oder Schwerverletzte geborgen hat zum Beispiel. – Wir haben früher einfach die Flasche hingereicht bekommen.“ Spätestens seit diesem Tag wusste er: „Ich kann solche Ereignisse nicht runterspülen; ich kriege sie nicht weg. Hinterher wird doch wieder über´s Gleiche geredet.“
Tim Birkner