30. Oktober 2010
Neustadt – Es wird erst einmal nichts passieren. Der Stadtrat lehnte mit nur vier Ja-Stimmen ab, die Bevölkerung zu befragen, wie sie die Versorgung mit Lebensmitteln in der Innenstadt sieht. Stattdessen wird die Entscheidung vertagt. Erst einmal, bis der neue Seniorenbeirat gewählt ist – und dann mal sehen, was geschieht.
Der Hintergrund ist der Edekamarkt in der Innenstadt, der zum 27. November schließt. Mit 1800 Unterschriften forderten Neustadter Bürger, dass ihr Edeka bleiben soll. „Ich möchte diese 1800 Unterschriften ernst nehmen. Ich kenne doch die Antworten nicht“, stellte Oberbürgermeister Frank Rebhan seine Sicht dar. Gesetzt ist die Schließung des Marktes. Wie kann nun der folgende Schritt aussehen? Ist eine Befragung, die rund 3000 Euro kosten würden, die Lösung? Dafür stimmten am Ende neben Rebhan nur Heike Stegner-Kleinknecht (SPD), Thomas Büchner (ödp) und Elke Protzmann (CSU).
Stattdessen beantragte die Mehrheit der Stadträte (15:8), das Thema zu verschieben. Warten, bis der neue Seniorenbeirat feststeht, warten, was er dazu sagt, warten, ob es zurück in den Stadtrat geschoben wird.
Nur wenige sagten in der Diskussion um die Befragung zum Lebensmitteleinzelhandel nichts. Zum Beispiel Bernd Gärtner (SPD), der gerade eine Viertelstunde vorher vereidigt wurde als Nachfolger für die Stadträtin Claudia Mertin-Schäffer. Er schwieg. Was war das für ein Einstieg für ihn? Da ist er in der Großen Kreisstadt Neustadt in den Stadtrat nachgerückt und muss mit anhören, wie in Neustadt möglicherweise ein Dorfladen entstehen könnte. Das Vorbild Heilgersdorf, hoch gelobt. Dort steht und lebt der Dorfladen mit dem Engagement der Bürger. Heilgersdorf hat 467 Einwohner.
Und Neustadt? Erst machte sich das Vorbild Heilgersdorf in den Redebeiträgen selbstständig, dann die Diskussion. Dabei ginge es doch um eine ganz einfach Frage: Fehlt der Edeka-Markt für die Versorgung in der Innenstadt? Insbesondere diejenigen, die nicht oder nicht mehr so mobil sind, könnten ihn vermissen. Trotz der vielen Supermärkte, trotz der Stadtbusverbindungen.
Mit dem demokratisch lobenswerten Vorbild Heilgersdorf oder mit dem Abstieg zum Dorf im Kopf versuchten die Räte bereits Fragen in den Fragebogen zu diktieren, ohne überhaupt beschlossen zu haben, dass es eine Befragung gibt. Da sollte gleich verbindlich eine Unterschrift für 100 Euro Einlage geleistet werden oder zumindest Adressen festgehalten werden, damit später keiner mehr entwischt.
Da wurde angeregt, den Lieferservice zu forcieren oder einfach den Samstagsmarkt zu nutzen. Da dachten die Stadträte schon mal darüber nach, wo denn so ein Dorfladen Platz haben könnte, weil die Miete sicherlich in Neustadt teurer als in Heilgersdorf wäre. Da sollte den Bürgern die Angst genommen werden, schließlich bleiben Bäcker und Metzger um die Ecke und bis zum nächsten Supermarkt ist es auch nicht weit. Da könnte ja jeder Stadtteil plötzlich auch eine Befragung wollen. Und das würde dann auch jedes Mal 3000 Euro kosten. Nun entstehen keine Kosten, zumindest nur ganz kleine: Ein Handy klingelte so laut, als ob es die Debatte nicht mehr hören wollte. Trotz Verbots. Sein Sitzungsgeld muss der Stadtrat nun springen lassen und einen ausgeben.
Doch vorher wird erst einmal der Seniorenbeirat gewählt, der sich dann mit der Nahversorgung beschäftigen kann. Bis einschließlich heute können noch Stimmen abgegeben werden.
Tim Birkner